21.10.2019 - Schwäbische Zeitung
Sechs Personen werden zunächst "vermisst"
Hauptübung von Feuerwehr und ASB entfaltet ein Brandszenario in der Kita St. Franziskus
In der Kindertagesstätte Sankt Franziskus in Schwendi ist normaler Betrieb. Etwa 120 Kinder sind vor Ort - sie spielen, lesen, bewegen sich. Plötzlich kommt Unruhe auf. Erzieherinnen versammeln die Kinder ihrer Gruppen um sich. Im Obergeschoss soll ein Feuer ausgebrochen sein.
In Begleitung ihrer Erzieherinnen verlassen die Kinder zügig und geordnet das Gebäude. Das Treppenhaus ist mittlerweile komplett verraucht, der Weg ins Erdgeschoss abgeschnitten. Inzwischen hat die Kita-Leiterin einen Notruf abgesetzt. Es vergeht nicht viel Zeit, bis sich Einsatzfahrzeuge durch das Ertönen der Martinshörner ankündigen. Feuerwehr-Einsatzleiter Thomas Stanossek ist einer der Ersten am Brandobjekt. "Sechs Personen werden vermisst, vermutlich sind sie im Obergeschoss", informiert die Kita-Leiterin den Kommandanten der Freiwilligen Feuerwehr Schwendi.
Zum Glück ist diese dramatische Lage nur ein Szenario, Grundlage für die Hauptübung von drei Schwendier Rettungsorganisationen am vergangenen Samstag. Rund 50 Einsatzkräfte übten für den Ernstfall.
Um 15 Uhr werden die Einsatzkräfte über ihre Funkmeldeempfänger aktiviert. Die Freiwillige Feuerwehr Schwendi rückt an, positioniert sich im vorderen Zugangsbereich der Kita. Von einem Hydranten weg wird eine Wasserversorgung aufgebaut, bereits 15 Minuten nach dem Alarm prasselt Löschwasser auf das
Kita-Dach. Sehr schnell sind Atemschutztrupps in das Gebäude vorgedrungen, Menschenrettung ist ihre Aufgabe. Das gleiche Ziel hat die Werkfeuerwehr Weishaupt. Ebenfalls ausgerüstet mit Atemschutzgeräten, gehen ihre Einsatzkräfte über die Notfalltreppe auf der Ostseite des Kita-Gebäudes (dort wurde auch eine Riegelstellung aufgebaut) in das brennende und verqualmte Obergeschoss.
Zwei Wärmebildkameras werden bei der Menschenrettung eingesetzt. Um 15.35 Uhr kommt die Meldung über Funk: alle sechs vermissten Personen aus dem Gebäude befreit. Die "Verletzten" werden von den Feuerwehrleuten zu einem zentral eingerichteten Verbandsplatz transportiert. Dort wartet bereits ein sechsköpfiges Team von Notfall- und Rettungssanitätern ASB Orsenhausen. Es übernimmt die Erstversorgung. "Zum Teil schwere Rauchgas-Vergiftungen haben die geretteten Personen erlitten", stellt Wolfgang Krems fest. Der organisatorische Leiter des ASB-Rettungsdienstes koordiniert die Hilfe am Verbandsplatz. Er kümmert sich auch darum, dass die Verletzten zur weiteren Behandlung in Krankenhäuser gebracht werden.
Etwa eine Stunde nach der Alarmierung ist die Hauptübung beendet. Thomas Stanossek bittet die Verantwortlichen noch an der "Brandstelle" zu einer ersten Rückschau auf den Übungsverlauf. Aufmerksame Zuhörer sind auch Bürgermeister Wolfgang Späth und Weishaupt-Personalleiter Dirk Rachota.
Richtig gut sei diese Hauptübung gelaufen, bilanziert Stanossek. Die Funkdisziplin, eine gute Abstimmung zwischen den Agierenden auf beiden Seiten des Kita-Gebäudes und die idealen Fahrzeug-Positionen für einen erfolgreichen Einsatz: Das sind einige der Punkte, die der Kommandant anspricht. Auch die unterstützende Arbeit der Feuerwehr-Führungsgruppe hebt er lobend hervor. In ihr sind die Kommandanten aller Schwendier Ortsteil-Feuerwehren vereint, bei einem Ernstfall leistet sie die Dokumentation und die Steuerung der Einsatzabläufe.
Dass sich die Schwendier Feuerwehr heuer für die Kita als Übungsobjekt entschieden hat, liegt auf der Hand. Das neue Gebäude wurde im Januar in Betrieb genommen. "Von außen sieht die Kita klein aus. Aber wenn du drinnen bist, ist sie groß", verweist Thomas Stanossek auf die vielen Räume in dem langgezogenen Bauwerk. Wieviel Meter Schlauch werden benötigt, wo müssen die Einsatzkräfte hin, welche Rettungswege sind möglich: Nur einige Fragen, die die Feuerwehr mit Hilfe dieser Übung unter dem Stichwort "Ortskenntnis" abzuklären versuchte.
Mehr Wasser zur Verfügung
Aber noch ein weiterer wichtiger Ansatz war das Anliegen bei dieser Hauptübung. Es ging um die Menge des erforderlichen Löschwassers. Denn bei einer früheren Übung am Kindergarten war die Versorgung mit Wasser aus einem nahegelegenen Hydranten relativ schlecht. Nachdem die Gemeinde Verbesserungsmaßnahmen - etwa die Einrichtung einer Ringleitung - ergriffen hat, ist die Situation nun offenbar zufriedenstellend. "Wir haben
75 Prozent mehr Wasser aus dem Hydranten zur Verfügung als letztes Mal", sagt Stanossek. Im Fall eines Brandes in der Kita reiche das Löschwasser damit für den Erstangriff mit zwei Feuerwehrfahrzeugen aus. Müsste zusätzlich ein Drehleiter-Fahrzeug eingesetzt werden, wäre der Aufbau einer weiter gefassten Wasserversorgung notwendig, sagte Stanossek.