19.07.2020 - Bernd Baur - Schwäbische Zeitung
Herzenswunsch erfüllt: Todkranke Pflegekraft aus Rumänien darf in ihrer Heimat sterben
Jennika Cihrnaus (im Rollstuhl) letzter Wunsch wurde erfüllt: Die ASB-Rettungssanitäter Casandra Schlüfter (stehend) und Xaver Kögel (rechts) fuhren die schwerkranke Rumänin vom Hospiz in Biberach in ihre Heimat, damit sie im Kreis ihrer Familie sterben kann.
Dank tatkräftiger Hilfe des Arbeiter-Samariter-Bunds Orsenhausen-Biberach (ASB) ist einer schwerkranken Frau aus Rumänien ihr Herzenswunsch erfüllt worden: Sie darf in ihrer Heimat sterben.
Die todkranke Rumänin, die in Burgrieden mehrere Jahre als Pflegekraft in einem Privathaushalt gearbeitet hat und zuletzt in einem Hospiz in Biberach lebte, hatte den Wunsch, im rumänischen Temeswar im Kreis ihrer Familie zu sterben.
Für Burkhard Bauer, dessen Mutter in Burgrieden von der Rumänin gepflegt wurde, war es eine Selbstverständlichkeit, die Transportfahrt auf eigene Kosten zu ermöglichen. Einen Partner für die Organisation dieser nicht alltäglichen Fahrt hat er im ASB Orsenhausen-Biberach gefunden.
Sechs Jahre war Jennika Cihrnau als Pflegekraft in Burgrieden tätig. Sie versorgte eine Seniorin, die heute 88 Jahre alt ist. „Jennika hat sich mit meiner Mutter gut verstanden, sie haben sich gut ergänzt“, erzählt Burkhard Bauer. Auch gemeinsame Ausflüge unternahmen sie.
Schlimme Diagnose: Krebs
Vor eineinhalb Jahren dann bekam die Pflegekraft die schlimme Diagnose Krebs. Trotz der folgenden Behandlung kümmerte sie sich weiter rührend um die Frau in Burgrieden. „Sie wollte, dass es meiner Mutter weiterhin gut geht“, wertschätzt Burkhard Bauer diesen Einsatz.
Doch vor vier Wochen ging es einfach nicht mehr. Jennika Cihrnau wurde durch ihre Krankheit selber zum Pflegefall, die Ärzte prognostizierten ihr nur noch eine kurze Lebenszeit. Die 64-Jährige kam ins Hospiz Haus Maria in Biberach. „Ich will zum Sterben heim nach Rumänien“, äußerte sie ihren letzten Wunsch. Burkhard Bauer und seine Geschwister wollten ihn unbedingt erfüllen –„sie hat unserer Mutter so viel geholfen“.
Über den ASB-Mitarbeiter August Schaible hat Bauer Kontakt zu der Hilfsorganisation aufgenommen. Am Mittwoch vor zwei Wochen setzte er sich telefonisch mit der ASB-Geschäftsstelle in Orsenhausen in Verbindung, fragte nach, ob eine solche Transportfahrt machbar ist. Beim ASB nahm sich Notfallsanitäter Karl-Heinz Wörz der Sache an. „Sofort war bei uns der Ehrgeiz da, zu helfen“, sagt er.
Zwei Fahrer sind schnell gefunden
Das kleinste Problem war, für den Krankentransport freiwillige Fahrer zu finden. Binnen Minuten erklärten sich die ASB-Kräfte Xaver Kögel und Casandra Schlüfter zu der 13-stündigen Fahrt bereit. Weitaus aufwendiger war allerdings der große Rest, den es noch zu klären galt. Von einer herausfordernden Organisation dieses Krankentransports ins Ausland spricht denn auch der ASB-Kreisgeschäftsführer Markus Eckhardt.
Unzählige Telefonate führte Karl-Heinz Wörz mit den verschiedensten Stellen, unter anderem auch mit dem Auswärtigen Amt in Berlin. „Wir mussten beispielsweise abklären, ob unsere Fahrer in Corona-Zeiten über die Grenzen und auch wieder zurück kommen“, schildert Wörz einen Teil der Bemühungen. Aber auch Details zur Fahrtstrecke wurden erhoben.
1200 Kilometer lang war sie, drei Grenzen mussten passiert werden. Für einen unvorhergesehenen Notfall mit der schwerkranken Patientin wurden Lösungsszenarien durchgespielt. „Die gesamte Organisation hat sich schon ziemlich schwierig gestaltet. Aber sie hat auch Spaß gemacht, weil es eine gute Sache ist“, erklärt Wörz.
Tränenreicher Abschied
Am Donnerstagabend, eineinhalb Tage nach dem ersten Anruf von Burkhard Bauer, gab der ASB grünes Licht. Die Reise startete am Freitag um 6 Uhr beim Hospiz in Biberach. „Es war ein schmerzlicher und tränenreicher Abschied für immer. Meine Mutter war sehr traurig“, schildert Burkhard Bauer diesen emotionalen Moment.
Der Ehemann von Jennika Cihrnau und zwei ihrer Söhne, die extra aus Rumänien angereist waren, begleiteten in einem Privat-Auto das ASB-Fahrzeug und wechselten sich bei der Mitfahrt im Patientenraum des Krankentransportwagens ab. Die gesamte Fahrt über Österreich und Ungarn in die rumänische Stadt Temeswar verlief ohne Probleme.
Als das ASB-Fahrzeug am Haus von Jennika Cihrnau in Temeswar ankam, wartete dort die ganze Familie, um allen einen überaus herzlichen Empfang zu bereiten. Die Angehörigen waren froh, dass sie die Ehefrau, Mutter und Oma in ihre Arme schließen konnten. Sie zeigten aber auch große Dankbarkeit dem ASB-Team gegenüber. „Es waren alle hoch zufrieden mit dem Verlauf dieser Geschichte“, bilanziert Karl-Heinz Wörz. In 30 Berufsjahren hatte er so etwas noch nicht erlebt, unterstrich er die Besonderheit dieser Transportfahrt nach Rumänien.
Große Dankbarkeit
Auch Burkhard Bauer ist froh, dass alles perfekt geklappt hat. „Besser geht es nicht“, lobte er den Einsatz und das Engagement des Arbeiter-Samariter-Bunds. Die Kosten für die Transportfahrt übernimmt er zusammen mit seinen Geschwistern. „Wir machen das mehr als gerne“, erklärte Bauer voller Dankbarkeit für das, „was Jennika Cihrnau unserer Mutter an Hilfe hat zukommen lassen.“